Menschen haben nichts. Das ist auch möglich. Sie glauben, sie sind dann gesund. Wenn sie manchmal Kopfweh haben, ist das so. Sie sind auch manchmal unpässlich. Sie sind auch manchmal nicht gut drauf. Sie haben einen Druck auf der Brust. Sie haben manchmal einfach keinen Stuhlgang. Sie sind auch müde. Sie haben aber nichts, was sie wirklich alarmiert. Dennoch, sie haben Beschwerden. Man nimmt sie nicht besonders ernst. Man nimmt meist irgendeine Tablette, und wenn verschwindet, was ist, ist man zufrieden. Geht vorwärts.

Das Leben ist einfach so. Man hat etwas. Keine Panik. Es ist nicht schlimm. Unangenehm vielleicht, aber man kann damit leben. Nichts Ernstes. Alles in Ordnung. Man sagt: „Gott sei Dank, ich bin gesund.“

Man hat also nichts. Dennoch hat man etwas, das man aber leicht verdrängen kann. Man nimmt eine Tablette und es geht. Wenn es öfters vorkommt, nimmt man halt häufiger eine Tablette. Kopfschmerzen hat doch fast jeder. Verspannungen auch. Man kann doch nicht davon ausgehen, dass alles immer paletti ist.

So denken Menschen und sie beachten nicht die kleinen Signale. Sie müssen schon mit großen Hämmern konfrontiert werden, damit sie etwas tun. Etwas ändern. Etwas beachten. Sich auch einmal über längere Zeit beobachten. Sich auch austauschen mit anderen Menschen, was es denn sein könnte, wenn man ständig Kopfweh hat. Man hat auch Schmerzen in den Schultern. In der Wirbelsäule, aber solange es nicht wirklich weh tut, kann man es aushalten. Man ist ja auch nicht wehleidig. Kein Mensch, der jammert.

Man kann also aushalten, was ist. Man hat viel auszuhalten. Der Job ist nicht einfach. Man hat auch Vorgesetzte, die nicht einfach sind. Oft gibt es Stunk. Stunk auch zu Hause. Menschen sind, wie sie sind. Sie sind nicht immer gut. Man muss auch das aushalten.

Dazu kommt Druck. Druck von vielen Seiten. Man ist nicht sicher, ob man den Job halten kann. Man ist nicht sicher, ob man die Kreditraten zahlen kann. Man ist nicht sicher, ob sich das alles noch ausgeht. Man kann nachts nicht schlafen. Man dreht sich im Bett hin und her. Man kann nicht darüber sprechen, was einen quält. Man ist auch nicht offen gegenüber denen, die da sind. Man muss stark sein.

Man kann nicht sagen: „Ich habe da etwas, was für mich sehr schwierig ist.“ Man will andere nicht belasten. Man will sich nicht damit auseinandersetzen. Argumentieren müssen, warum man etwas tut. Man hat auch Angst, als Versager zu gelten. Man will nicht, dass der andere Mensch denkt, man kann etwas nicht. Man muss den Schein wahren. Man ist einfach in einer Situation, die man nicht bewältigt, die man aber aufrechterhält, damit nicht herauskommt: „Ich bin nicht in der Lage, zu tun, was jetzt notwendig zu sein scheint.“

So ist die Situation von vielen Menschen. Man muss. Man muss immer. Man hat viel um die Ohren. Die Ohren sind zu. Sie wollen nicht hören. Man ist der Meinung, es wird schon nicht so schlimm werden. Dann muss man sich halt noch mehr anstrengen. Ich will es einfach so haben. Alles, was ist. Ich kann ohne das nicht leben. Alle haben es. Ich muss es auch haben.

Das Mindeste zumindest. Ich kann doch ohne das nicht sein. Wenn das auch nicht ist, bin ich niemand. Auto. Wohnung. Handy. Und all das, was man so haben muss, damit man sein kann. Viel ist es, was man sich so leisten muss. Allein das, was man sich leisten können muss, verlangt schon viel an Tätigkeit, damit man es finanzieren kann. Man will ja auch nicht zurückstehen. Also macht man mit. Wenn es nicht anders geht, auch auf Kredit.

Die Schulden wachsen. Der Druck steigt. Ansprüche wollen erfüllt sein. Man sieht keinen Ausweg mehr. Immer mehr häuft sich an. Immer mehr Probleme sind da. Man kann nicht mehr, muss aber immer mehr.

Dann ist plötzlich etwas da, das den Druck dramatisch hoch sein lässt. Ich bin krank. Warum?

Es schmerzt. Das, was vorher noch mit Tabletten zu verdrängen war, schmerzt plötzlich unaufhörlich. Der Druck auf der Brust ist oft da. Man hat Atembeschwerden. Man kann nicht mehr verdrängen. Man hat Angst. Lebensangst. Da ist etwas, was mir den Atem nimmt. Ich kann nicht mehr so schnell unterwegs sein. Mir ist alles zu viel. Die Müdigkeit ist ständig da. Ich kann überhaupt nicht mehr gut schlafen. Wache wie gerädert auf. Nachts quälen mich Gedanken.

Der Mensch sieht nicht, dass er sich zu viel aufgeladen hat. Zu viel will. Zu viel muss. Nichts mehr kann, sondern nur mehr muss. Das Leben wird schwierig. Alles scheint sich gegen den Menschen verschworen zu haben. Man kann sich nicht mehr erholen. Mächtig ist das, was da ist und immer bedrohlicher wird. Man kann nicht darüber sprechen. Die Angst wächst. Der Mensch wird immer unleidlicher. Er kann nicht mehr. Er hat niemand, mit dem er offen reden kann. Man fühlt sich verlassen. Unverstanden. Der Körper zeigt Dinge, die man nicht kennt. Man kann es nicht einordnen.

Menschen gehen nicht mehr rund. Sie haben ein Problem, mit dem sie nicht umgehen können. Ärzte sind da. Man spricht etwas an. Primär die Beschwerden, die man hat. Man sagt so viel, wie man unbedingt muss. Man wird gefragt und sagt nicht alles. Gerade das, was notwendig ist. Man bekommt ein neues Medikament verschrieben. Das heißt noch nicht, dass man dann die anderen Medikamente, die man nimmt, absetzt. Nein. Man nimmt alles. Die Beschwerden gehen weg. Andere Beschwerden kommen. Der Mensch ist ratlos.

Das Szenario ist vielfältig. Menschen zeigen nicht auf, was sie ständig beschäftigt, sondern reden nur über Beschwerden, die sie haben. Es ist auch keine Zeit da, damit sie sich wirklich einmal aussprechen können bei denen, die sie konsultieren. Sie haben auch oft Angst davor, anzusprechen, was sie beschäftigt. Man will nicht die Karten auf den Tisch legen, die Menschen nachts nicht schlafen lassen. Man schämt sich. Kein Vertrauen ist da in den, den sie konsultieren, damit sie sich öffnen und sagen, was ist.

Menschen sind auch meist unselbständig. Sie bilden sich keine eigene Meinung. Sie kennen ihren Körper nicht. Sie gehen den einfachen Weg. Sagen einfach, welche Beschwerden sie haben, und glauben, dass das genügt. Damit ist aber nicht wirklich etwas erreicht. Niemand weiß, was der Verursacher sein könnte. Es geht um Beschwerden. Man kümmert sich nur um die Beschwerden. Der Verursacher der Beschwerden ist nicht bekannt.

So tappen alle im Dunkeln. Man hofft. Man glaubt. Man tut. Man tut einfach etwas. Das Etwas ist meist ein Medikament. Wenn dieses nicht hilft, ein neues Medikament. Wenn die Schmerzen größer werden, gibt es einfach eine höhere Dosis. Dann, wenn das nicht mehr reicht, kann es sein, dass man überhaupt zu härteren Bandagen greift. Was immer es dann ist.

Der Schmerz muss weg.

Menschen haben nichts gelernt. Sie lernen nicht, dass die Medizin ihre Grenzen hat, dort, wo allerlei andere Einflussfaktoren da sind, die medizinisch gar nicht lösbar sind. Die Medizin tut so, als ob sie alle Probleme der Menschen lösen könnte.

Das kann sie nicht. Sie kann sie nur verdrängen helfen. So lange verdrängen helfen, bis sie sich so vehement zeigen, dass nur noch drastische Einschnitte in das Leben von Menschen helfen können. Diese helfen aber auch nicht wirklich, wenn das Problem – der Verursacher – nicht geht.

Medizin lässt Menschen glauben, sie kann alles. Mediziner, die sich noch den Patienten zuwenden können, wissen, dass das nicht möglich ist. Sie wissen, dass man fragen muss. Nach dem fragen muss, was hinter allem steht. Das Problem, das den Menschen bewegt.

FRAGE: Ist das heute noch möglich, dass gefragt wird, was ist?

ANTWORT: Mediziner sind Menschen. Sie können nicht alles. Sie haben auch keine Zeit mehr. Sie können viel, aber eben nicht alles. Ihr Feld ist beschränkt. Sie sind meist Spezialisten. Man fragt nach dem, was man als Spezialist weiß. Man ist als Herzspezialist darauf aus, zu wissen, ob da ein Druck ist. Hinten unter der linken Schulter? Vorne auf der Brust? Wenn nicht: Wie hoch ist denn der Puls? Haben Sie Herzrasen? Fragen, die interessant sind für den Herzspezialisten. Er prüft auch nach. Er nimmt den Blutdruckmesser. Er macht ein EKG. Er macht es auch beim Radfahren. Man ist genau. Man macht einen Herzultraschall. Man hat Kurven. Man sieht, was ist. Alles da. Was noch? In Ordnung oder nicht in Ordnung? Rezept.

Wir sehen uns. Schauen dann weiter. Das alles in relativ kurzer Zeit. Der Wartesaal ist voll von Menschen mit Herzbeschwerden. Kein Wunder. Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die Nummer eins in der Liste tödlicher Erkrankungen. Stark steigend, Jahr für Jahr.

FRAGE: Was wäre eine wichtige Frage gewesen?

ANTWORT: Haben Sie Druck? Welcher Art ist dieser Druck? Können Sie noch? Gibt es Zeiten, wo Sie nicht mehr können? Sind Sie ständig überlastet? Haben Sie noch Chancen, herauszukommen? Gibt es etwas, was Sie tun, damit Sie die notwendige Ruhe haben, sich auch erholen zu können? Sind Sie eigentlich noch Herr der Lage? Haben Sie ständig Stress? Gibt es Menschen, die Sie ständig stressen? Schlafen Sie gut? Wachen Sie auf und sind ausgeschlafen? Haben Sie Menschen um sich, die Ihnen zuhören?

Mit denen Sie sprechen können. All diese Fragen geben ein Bild. Ein Bild, das zeigt: „Der Mensch könnte ein Problem haben, das seine Beschwerden erklärt.“

Medizin sieht primär die Beschwerden. Wir haben Lösungen. Lösungen sind: „Tabletten.“ Tabletten sonder Zahl. Blutdruck ist wichtig. Normaler Blutdruck insbesondere. Man gibt Tabletten. Man stellt ein. Man kann auch den Blutdruck regulieren mit allerlei Maschinen. Maschinen, die man immer leichter einbauen kann. Man kennt sich aus. Es ist kein wirkliches Problem mehr, die Maschine einzubauen. Man hat also viele Alternativen, den Blutdruck unter Kontrolle zu halten.

Die wichtigen Fragen nach dem, was den Menschen wirklich beschäftigt, wurden nicht gestellt. Medizin zielt darauf ab, die Beschwerde unter Kontrolle zu bringen. Wie? Mit dem, wozu die Medizin da ist. Mittel aufzuzeigen, die bei Beschwerden helfen. Die Statistiken zeigen: „Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weiter zunehmend, trotz all der Mittel, die ständig mehr verschrieben werden.“

Menschen sehen das nicht. Die Medizin weiß, was ist. Wir wissen nichts.

FRAGE: Was sollten Menschen wissen?

ANTWORT: Ihr Körper ist wichtig. Alles in Ihrem Körper ist wichtig. Ihr Herz hält Sie am Leben. Ihr Blut ist lebenswichtig. Sauerstoff im Blut ist lebenswichtig. Alles, was dem Blut hilft, ist wichtig. Bewegung und Sauerstoffaufnahme helfen. Gutes Essen hilft. Langsam zu essen hilft. Viel zu trinken hilft. Ein täglicher Spaziergang hilft. Fettes Essen hilft nicht.

Es kann dazu führen, dass die Arterien verlegt werden. Man kann das verstehen. Man muss sich nur vorstellen, was ist, wenn man ständig Fett irgendwo in einer Leitung anbringt. Dann ist es bald vorbei. Die Leitung ist so mit Fett verstopft, dass nichts mehr durchgeht.

Man bewegt sich ständig schnell. Man strengt sich ständig an. Man läuft auch noch ständig. Dann muss viel Blut dorthin gebracht werden, wo es gebraucht wird. Zu viel Blut für die Leitungen, die verlegt sind.

Das Herz muss immer fester pumpen. Irgendwann ist die Pumpleistung, die gefordert wird, zu hoch. Das Herz kann nicht mehr. Irgendetwas bricht. Was? Das kann viel sein. Der Mensch muss erkennen, was ist. Ich tue einfach zu viel. Zu viel, was nicht gut ist für mein Herz.

Achtsamkeit ist wichtig. Von der Achtsamkeit spricht aber niemand. Man spricht nur von dem, was hilft, damit geht, was an Beschwerde da ist. Der Blutdruck.

Vorrangiges Mittel: „Tabletten.“ Wenn damit nichts mehr geht: „Stents oder Bypass.“ Wenn auch das nicht mehr hilft: „Operation am Herzen.“ Gut für die Menschen? Nein!

Gut für wen? Offensichtlich für die, die das alles so abwickeln wie beschrieben.